Vor einer Woche kippte es.
Das Verhältnis zwischen Bina und mir. Bina ist Mitte 40 und meine Vermieterin. Sie lebt mit ihrer 4. Tochter Katja in der WG, zusammen mit mir und einem Studenten, der vorige Woche ausgezogen ist.
Katja wurde letzten Donnerstag 12.
Die Arbeit stresste mich und als ich heim komme, machen sich Bine und Katja gerade auf den Weg um Essen zu gehen.
Als sie weg sind beginnt die Dissoziation.
Warum – ich weiss es nicht.
Die Erschöpfung des ganzen Tages brach über mich herein.
Ich hatte HUNGER.
In der Küche stehen Nudeln. Bines Nudeln. Ich darf nicht kämpft gegen „Bine geht Essen, sie wird die Nudeln morgen eh nicht mehr essen.
Ich esse und fühle mich abgestumpft.
Hinterher kommt die Scham.
Freitag morgens wache ich auf und weiss erstmal gar nicht, weshalb es mir so schlecht geht.
Richtig – der Essanfall.
Geknickt stehe ich auf. „Stella!“
Bine steht auf.
„Ich bin stinksauer auf Dich! Ich hab so einen Hals! Sei froh, dass Du am WE zu Deiner Mutter gehst, ich will Dich nicht mehr sehen! Du hast ein Zimmer gemietet und kein all-inclusiv Hotel!
Du hättest mich fragen können!!! Dreister gehts nicht, ich hab auch schonmal Leute raus geschmissen!
Du hast einen riesen großen Fehler gemacht!“
Ich hatte eigentlich vor, am WE in der Stadt zu bleiben und auszuruhen.
Auch die Fahrerei ist anstrengend am WE und ich wünsche mir Ruhe, Entspannung.
Außerdem habe ich mich mit Elena verabredet, der Klassenkameradin.
„Ich wollte am WE eigentlich hier bleiben“ melde ich zaghaft an.
„Warum!?“
Ich muss lügen, ich will nicht nach Hause!
„Meine Mum ist nicht da…“
Ich gehe arbeiten.
Betäubt vor Scham und Schuld.
Nachmittags kaufe ich eine Sonnenblume und lege sie ihr hin.
Sie telefoniert gerade.
Ich ziehe mich zurück.
Samstag.
„Stella!? Zeig mir mal Dein Duschgel“
„Ich hab keins, ich benutz nur das Shampoo“
Sie glaubt mir nicht und denkt, ich benutze ihres.
Möchte Wäsche waschen. Am Anfang hat sie gesagt, ich dürfte die Maschine mitnutzen.
Suche mein Waschmittel und frage auch Katja, weil ich es in dem Schrank nicht finde, wo ich meinte, es beim Einzug hingestellt zu haben.
Wasche schließlich mit Haarshampoo.
„STELLA! Ich hab Dir gesagt, Du sollst mit mir zusammen waschen, Du kennst die Maschine nicht, Du hast es falsch gemacht. Und warum suchst Du MEIN WWaschmittel!? Katja lügt mich nicht an!“
Ich bin nur müde. Sagenhaft müde und leer.
Sie erinnert sich nicht daran, dass ich ein Waschmittel mitgebracht habe.
„Du ziehst auf Oktober aus!“
Später „Okay, Oktober ist knapp, November“
Dissoziiere ständig. leere, Apathie.
Elena hat das Treffen abgesagt.
Bine rastet aus und hört nicht auf zu schreien. „Du hast mein Waschmittel genommen“
Es nützt nichts, sie glaubt mir nicht.
Ich stehe stocksteif da, während sie mich anschreit und nicht mehr aufhört.
Möchte weglaufen, aber wenn ich weglaufe, setzt sie mich vielleicht sofort vor die Tür?
Also bleibe ich.
Weine und jede Silbe ihres Schreiens dringt mit der Intensität eines Messerstichs in mich ein.
Weine, weine, weine, hyperventiliere.
„Und jetzt kriegst Du ne Panikattacke! Das hatte ich auch 7 Jahre lang. Aber ich hab des Gefühl, mit Dir mal Tachelles reden zu müssen, Mädchen. DU BIST HIER NICHT ZUHAUSE“
Ich gehe.
Versuche, mich abzulenken, kann nicht aufhören zu weinen und zu hyperventilieren, möchte RAUS, weiss nicht wohin, schäme mich vor Katja, sie soll es nicht mitbekommen.
Simse 3 Leuten, bitte sie, mich aus der Wohnung zu holen. Panik zu haben.
2 können nicht.
Mein Kopf setzt aus.
Tabletten.
Schlucke, schlucke. Gehe raus.
Leise, leise.
Fahre mit der Straßenbahn.
Bekomme Angst und rufe den Rettungsdienst.
Begreife nicht. „Was ist passiert?“ Wieder fange ich an zu weinen und kann nicht aufhören.
Bekomme einen Zugang und Infusion. Im Krankenhaus darf ich noch laufen. Zur Toilette.
Eine Schwester begleitet mich vorsichtshalber und stützt mich. „Und was führt Sie zu uns?“
Sie weiss es wirklich nicht. „Tablettenvergiftung“ sage ich verlegen.
Ich lege mich auf eine Liege. Weine wieder verzweifelt.
Nicht nur wegen Bine, auch, weil ich 9 Monate intoxikationsfrei war.
Eine Pflegerin fällt mir auf.
Sie war auch früher schon in der alten Aufnahme und hat Luisa und mich nie angesehen, nie.
Auch, wenn sie sich um eine von uns kümmern musste. Kein Blick, kein Wort.
Ich bekomme einen Zugang und NaCl mit Kalium, da der Wert schlecht ist.
Das Licht ist wahnsinnig grell und schlafen scheint unmöglich.
„Darf ich gehen?“ bitte ich eine Schwester. Ich bin ja soweit okay finde ich. Psychiatrie ist besser als Notaufnahme, da kann ich wenigstens schlafen!
Ich darf nicht.
Gegen Mitternacht kommt eine Schwester auf mich zu „Ihr Freund ist am Telefon“
Ich „Ich hab keinen Freund. Wobei…“
Michael fällt mir ein. Ihm hatte ich, neben 2 anderen, die Hilfe SMS geschickt. Die Schwester fragt nach – er ist es.
Er käme noch vorbei. Es ist 0:30 Uhr!
Er kommt. Sagt, er hätte 2 Stunden vesucht, mich anzurufen „Und als Du nicht dran gingst hab ich Lunte gerochen und Dich bei der KriPo als Vermisst gemeldet. Hab gesagt, dass Du schon in der Psych warst“ (Er übrigens auch. Und Mira, seine Freundin, auch.)
Es haut mich irgendwie um.
Alles.
Der Rückfall, der Streit und er lässt mich suchen.
Die Polizistin hätte ihm gesagt, ich sei in der Notaufnahme.
„Wenn Deine Vermieterin so scheiße ist, zieh doch bei Mira ein. Bis in nem Monat ist sie eh in der Klinik und wenn Du bis dahin nichts hast, wohnt ihr halt zu zweit“
Er entschuldigt sich, dass er nicht schneller reagieren konnte, er war baden.
„Sonst wär ich gekommen. Hab keine Angst, wir lassen Dich nicht allein“
Freunde.
Michael geht schließlich, nicht ohne zu versprechen, am Tag nochmal zu kommen.
Das tut er dann auch und bringt mir Miras Schlüssel mit.
„Darf ich gehen?“ frage ich am Sonntag morgen. „Ich muss morgen wieder arbeiten“
36 Stunden heißt es.
Körperlich ging es mir so furchtbar, wie bisher nur einmal.
Hitzewallungen und Schweißausbrüche, Kälteschauer und die wahnsinnige innere Unruhe. Mir ist entsetzlich übel, ich bekomme einiges gespritzt, bis wir es mit Essen versuchen mit Erfolg.
„Hallooo, ich bin die Nachmittagsärztin“ stellt sich mir eine Frau vor.
„Ich hab vorhin schon mal reingeschaut, aber Sie haben sich grad mit der Schwester unterhalten, da wollte ich nicht stören“
Sie legt mir einen neuen Zugang, weil der alte zu ist. Sie hat sich beim Blutabnehmen verstochen und sich entschuldigt, aber ich find das nie schlimm.
„Aua“ hat sie gesagt und auf die Narben gezeigt.
Ich „Ja, aber ich habs ganz lange nicht mehr gemacht“
Später hab mal was zu ihr gesagt, was sie nicht verstanden hat. Dann hat sie die Hand ans Ohr gehalten, ist seitwärts zu mir galopiert und hat sich dabei den Rücken angehauen am Schrank.
Später hat sie noch gestikuliert, dass ihr Rücken weh tut, aber irgendwie so ganz süß, mit verzerrtem Gesicht, als wollte sie mich zum lachen bringen. 🙂
Gegen 2 Uhr ist sie dann gegangen. Nachts. Und hat sich von mir verabschiedet.
Dass ich ganz lieb bin und lieb zu mir sein soll.
Die war so süß und toll und……………
Ich hab mal wieder mein Herz verloren…
Nach 16 Stunden wird mein Zustand immer besser.
Tabletten verlängern das Elend, sie beenden es nicht!
Eine Schwester läuft abends mit mir. Sie sind sehr lieb, alle.
Ich rufe montags in der Arbeit an. „Krankenhaus, Gehirnerschütterung“
Ganz ungewöhnlich – der ältere Arzt ist schon da! Und fragt mich aus. Ich versuche, ihn soweit es die Höflichkeit gebietet abzuwürgen und habe das Gefühl, dass es passt.
2 Tage. Die Krankmeldung wirft Michael noch am Sonntag ein.
Ich werde entlassen und in die psychiatrische Ambulanz geschickt, wo mir grünes Licht für gehen gegeben wird.
Ich habe Glück und die Vermieterin ist nicht da, als ich gegen halb 3 alle Sachen hole und komme in Miras Wohnung.
Meine Mum hat mit der Vermieterin gesprochen, die sah das am Samstag eher als reinigendes Gewitter.
Am Sonntag zieh ich zurück.
Ich habe große zwischen-menschliche Probleme. Da hift nur üben!
Furchtbar unangenehm, aber da muss ich durch.
Weil man muss lernen, auch mal angemotzt zu werden, egal wegen was, und nicht gleich so in Panik zu geraten, das möcht ich mir „abgewöhnen“.
Die Welt geht nach einem Streit NICHT unter.
Gestern hatte ich wieder Schule!
In Medizin haben wir mit dem angefangen.
Ich liebe es! Noch mehr, weil die Ärztin das so gut rüber bringt, man kann es sich einfach merken!
Sie lacht ständig und macht einen Hampelmann für uns, damit wir uns systole und diastole merken können.
Dann sollte ich mich vor die Klasse stellen und am Modell ein paar Sachen zeigen und ich hatte gar keine Angst!
Früher htte ich immer Angst vor der Klasse zu stehen, weil ich Angst hatte, und eh das Gefühl hatte, nicht gemocht zu werden.
Das ist jetzt gar nicht so!
In der Pause ist Lamya heim gegangen. Früher hab ich ja so an Elena gehangen. Weil es komisch gewesen wäre, mich einfach zu den Anderen zu setzen/stellen und heute hab ich es mich getraut und es hat sich schön und normal angefühlt.
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Zustand nach vorhin: 😉
Ich fühle mich fuuuuuuuuurchtbaaaaaaaaar schlecht
So alleine.
Keine Mama da, oder… ein Freund.
Die Arbeit heute war schön, aber mittags schwierig. Grund: Tödliche Langeweile!
Langeweile ist schwer zu ertragen. Dann hatte ich mittags n Essanfall.
Scham.
Langeweile, sich-getrieben fühlen, zusammen-reißen – da ich anfange, meinen Mitmenschen auf die Nerven zu gehen, wenn ich mich langweile.
Es dann endlich geschafft – Tag rum.
Wollte Bettwäsche kaufen und mit Karte zahlen. Bloß kein Bargeld haben, begünstigt Essanfälle.
Laden zu, Pizzeria, Eis.
Furchtbar viel gegessen und jetzt gehts mir hundeelend.
Vermisse die Ärztin. Aus der Schule und dem Krankenhaus
Warum hänge ich immer an denen, die Welten entfernt sind?
Sehe auf facebook ein Bild mit einem Songtext von Nordfront:
Zitat:
Als perverses Schwein wurdest du geboren,
in diesem Leben hast du verloren,
drum fordern wir für alle Länder:
Todesstrafe für Kinderschänder!
Für eure Taten sollt ihr büßen,
ihr sollt euer Leben nie wieder genießen,
die Erfahrung zeigt, dass Therapien nichts nützen,
nur euer Tod kann Kinder schützen!
Darunter x Kommentare „Lebendig verbrennen“ uvm.
Das löst ANGST in mir aus, ein Wimmern, vor hilflosigkeit. Mich ängstigt, dass diese Menschen nicht begreifen…
Ich steiger mich rein, obwohl ich versuche, mich davon zu distanzieren: Es ist alles gut, wir leben in einem vernünftigen Land, diese Leute haben NICHT das sagen!
Ich wünsche mir die Intox, das Krankenhaus, die Ärztin.
Okay. Ich kann diesen Wunsch SEHEN, ich nehme in WAHR, es ist OKAY.
Dieser Wunsch wird noch eine Weile stark bleiben, weil ich erst vor 5 Tagen den Rückfall hatte.
Aber er wird schwächer, je länger ich es ohne schaffe! *Gebetsmühle an*
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Aktuell: Schreibflashs sind schön. Ich muss jetzt und die nächste Zeit noch stärker aufpassen, weil ich mich jetzt rückfall-gefährdeter fühle als noch vor dem Rückfall.
Also: Immer schön aufpassen…
Gute Nacht ihr.